Unser Atem

Frau atmet mit Hand auf Brust und Bauch

Unser Atem ist etwas ganz besonderes. Er kann bewusst gesteuert werden und autonom funktionieren. Das Wissen um die Bedeutung des Atmens ist nicht neu. Es ist teils Tausende Jahre alt. Ob im Taoismus, im Yoga, bei Urvölkern überall wurden Atemübungen praktiziert. Das Wissen ist da. Wir müssen es uns nur zu Nutze machen.  

Viele Jahre habe ich meiner Atmung keine Beachtung geschenkt. Selbst als Kind war ich schnell außer Atem. Bergwandern, das ich sehr liebte, war beim Aufstieg eine Qual. Hechelnd und mit heftiger Mundatmung meinte ich zu ersticken, obwohl ich scheinbar so viel Sauerstoff einsog. Ich hielt es für normal, schließlich war ich ja nicht die Einzige. Schon vor vielen Jahren wurde mir gesagt, dass ich einfach nicht richtig atme. Dies wollte ich nicht wahrhaben, denn ich hatte das Gefühl, dass ich es nicht besser kann. 

Heute weiß ich, dass richtiges Atmen einfach trainiert werden kann und muss. Dies fängt schon damit an, dass wir nicht durch den Mund, sondern ausschließlich durch die Nase atmen sollten. Und das ganz besonders, wenn wir beim Sport oder sonstigen Belastungen das Gefühl haben keine Luft zu bekommen. Die Atmung durch den Mund verändert den Körper physisch und wirkt sich negativ auf die Atemwege aus. Die eingeatmete Luft hat weniger Druck und führt dazu, dass das weiche Gewebe im Rachenraum erschlafft. Es sinkt nach innen. Dadurch haben wir weniger Platz für den Atem, was diesen erschwert und wodurch noch mehr Mundatmung provoziert wird. 

Im Gegensatz dazu, zwingt Nasenatmung den Luftstrom durch die weichen Gewebe des Rachens. Die Atemwege werden geweitet und das Atmen wird leichter. Das Gewebe wird darauf trainiert offen zu bleiben. Die Nasenatmung wirkt sich positiv auf Mund, Atemwege und Lungen aus. 

Nicht nur, dass ich gerne mal durch den Mund atmete, ich hatte auch einen sehr flachen Atmen. Ich hatte richtig Schwierigkeiten überhaupt tief in den Bauch zu atmen. Mein Zwerchfell wurde über die Jahre immer unbeweglicher. Bauchatmung empfand ich daher als extrem anstrengend bis teilweise unmöglich. Kein Wunder, denn bei der flachen Atmung, auch Brustatmung genannt, wird zum Großteil mit Hilfe der Zwischenrippenmuskulatur geatmet. Dadurch werden die unteren Rippen geweitet und die oberen Rippen und das Brustbein gehoben. Der Brustraum wird v.a. nach vorne und oben erweitert. Das Zwerchfell arbeitet jedoch nur eingeschränkt, wodurch nur die mittleren und oberen Lungenbereiche belüftet werden. Wir nutzen dadurch höchstens ein Drittel des Atemvolumens. Bemerkbar macht sich das vor allem bei Belastung, denn das Atemzugvolumen ist nicht ausreichend. Die Atemfrequenz wird gesteigert, was bis zur Atemnot führen kann. Meine Keuchatmung beim Wandern macht nun auf einmal so viel Sinn. Ich habe einfach nicht genug Luft bekommen. Diese Phänomen können wir übrigens bei so vielen Sporttreibenden beobachten. Je keuchender die Atmung eines Joggers ist, desto erschöpfter und ausgezehrter wirkt er. Während ein entspannter Läufer einen ruhigen Atem durch die Nase hat. 

Wenn wir uns einmal bewusst machen, wie unsere Atemgewohnheiten sind, ist es ein leichtes diese zu verändern. Wir sind nicht dazu verdonnert falsch zu atmen. Wir können richtiges Atmen lernen und trainieren.

So zum Beispiel die Bauchatmung. Bei dieser wird tief in den Bauch geatmet, um die Lungen vollständig mit Luft zu füllen und den Sauerstoffgehalt im Blut zu erhöhen. Wichtig ist es dabei darauf zu achten, dass sich der Bauch bei der Einatmung nach außen wölbt, während er bei der Einatmung zusammensinkt. In jedem Fall dürfen wir dabei keine Hemmungen haben den Bauch auszudehnen. Die Atembewegung wird sehr deutlich ca. 2 Finger breit unterhalb des Nabels – in der Mitte zischen Zwerchfell und Beckenboden – wahrgenommen. Hier sollte im Idealfall die der Atemimpuls und die Atembewegung als erstes und am Stärksten gespürt werden. Dies kann dadurch unterstützt werden, dass eine Hand oder beide Hände auf den Bauch gelegt werden, so dass die Körperbewegungen gespürt werden. Die Hände fördern die Konzentration auf die Bauchatmung und bewirken gleichzeitig ein Wärmegefühl. Es kann auch eine Hand auf den Bauch unterhalb des Nabels und die andere Hand auf die Brust gelegt werden. Bei richtiger Zwerchfellatmung hebt und senkt sich nur die untere Hand, während die Hand auf der Brust sich (fast) nicht bewegt. Dies sollte mehrere Male geübt werden.


Quellen: 

Norbert Faller, Atem und Bewegung, 3. Auflage, Springer Verlag

James Nestor, Breath – Atem, Neues Wissen über die vergessene Kunst des Atmens, Piper Verlag GmbH

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