Heute widme ich mich einem meiner Meinung nach absolut unterschätztem Thema: unserem Blutzucker. Auch ich wollte mich lange nicht der Tatsache stellen, dass der Blutzucker für mich ein Problem sein könnte.
Unter Blutzucker versteht man die Konzentration von Glukose (= Einfachzucker) im Blut. Glukose wiederum ist der Energieträger für unsere Körperzellen und Ausgangsstoff bei Stoffwechselvorgängen.
Ein stabiler Blutzucker sorgt dafür, dass der Körper im Lebensmodus ist. Nur mit einem gesunden Blutzucker können wir auch einen gesunden Stoffwechsel haben und damit viel Energie. Ein instabiler Blutzucker wiederum bedeutet Überlebensmodus und Stress für den Körper.
Unser Blutzucker wird aufrechterhalten, in dem Glukose durch frisch aufgenommene Kohlenhydrate aus der Nahrung über den Darm ins Blut gelangt und der Körper Glykogenspeicher in Leber und Muskeln aufbraucht. Es muss immer eine gewisse Menge an Glukose in unserem Blut sein, damit unser Stoffwechsel funktioniert und unsere Zellen mit Energie versorgt werden. Ist der Blutzucker dauerhaft zu hoch, werden langfristig Gefäßwände geschädigt. Es folgen Ablagerungen in den Gefäßen, wodurch der Blutfluss zunehmend einschränken wird und das Blut quasi verstopft.
Der Blutzuckerwert kann in mg/dl oder mmol/l angegeben werden. In Deutschland wird üblicherweise mg/dl verwendet. Ein „normaler“ Blutzucker sollte bei einem Menschen im nüchternen Zustand am Morgen noch vor dem Frühstück nicht höher als 100 mg/dl sein. Zwei Stunden nach dem Essen sollte der Blutzucker 140 mg/dl nicht übersteigen. Diabetes mellitus liegt vor, wenn der Blutzuckerwert nüchtern bei über 126 mg/dl und über 200 mg/dl nach dem Essen liegt.
Woran erkenne ich eigentlich, dass mein Blutzucker instabil ist? Bei mir sorgte mein Blutzucker dafür, dass ich kaum 2 Stunden ohne Essen ausgekommen bin. Ständig hatte ich Hunger, ganz besonders nach Süßem. Gleichzeit konnte ich ohne Probleme mehrere Liter Wasser am trinken aufgrund eines sehr ausgeprägten Durstgefühls. Energielosigkeit und ständige Müdigkeit können ebenfalls Symptome sein. Kommt es zu Unterzuckerungen, die in der Regel auf einen Spike – eine Glukosespitze nach einem Essen – folgen, so können Zittern, Übelkeit, Schwindel bis zu Ohnmacht die Folge sein. Auch psychische Symptome wie Stimmungsschwankungen, Nervosität, innere Unruhe, Angstgefühle bis hin zu Aggressivität können Folgen eines zu niedrigen oder zu hohen Blutzuckerspiegels sein. Viele dieser Folgen einer Unterzuckerung sind mir nicht unbekannt. Ganz besonders kenne ich ein unglaublich ausgeprägtes Hungergefühl selbst kurz nach einer reichhaltigen und großen Menge an Essen.
Ich hatte bereits früh über meine Haarmineralanalyse erfahren, dass mein Blutzucker nicht besonders stabil ist. So richtig glauben, wollte ich es nicht. Bis ich mir selbst ein Glukosemessgerät an den den Arm klebte, um in Echtzeit nachzuvollziehen, was da genau in meinem Körper vor sich geht. Das Resultat war erschreckend. Ungefähr jede Mahlzeit löste ein massive Glukosespitze aus. Ich wusste bereits, dass ich einen langsamen Stoffwechsel habe und es nicht besonders gut um meine Kohlenhydratverträglichkeit bestellt war. Dies nun schwarz auf weiß zu sehen, war eine andere Nummer. Die Ergebnisse meiner Haarmineralanalyse wurden voll und ganz bestätigt.
Was also passiert da genau im Körper?
Verschiedene Hormone regulieren unseren Blutzuckerwert. Das funktioniert so, dass sie unseren Zellen Signale für die Aufnahme oder die Abgabe von Glukose geben.
Die Bauchspeicheldrüse bildet unter anderem die beiden Hormone Insulin und Glucagon, welche für die Regulation des Blutzuckerspiegels zuständig sind. Die Hauptaufgabe von Insulin ist es, den Blutzuckerspiegel zu senken, indem Glucose aus dem Blut in die Zellen transportiert wird. Dort wird sie insbesondere zur Energiegewinnung (Lebensmodus!) benötigt. Die Ausschüttung von Insulin findet vor allem während und nach dem Essen statt. Je höher der Blutzuckerspiegel ist, desto höher ist auch die Ausschüttung von Insulin. Bei kohlenhydratlastigen Mahlzeiten und insbesondere schnellen Kohlenhydraten wie Weißmehl oder Süßigkeiten wird besonders viel Insulin produziert und abgegeben. Ein ständiges Hungergefühl weist dabei auf einen hohen Insulinspiegel hin. Menschen mit Insulinresistenz wiederum reagieren nicht mehr auf Insulin. Glucose kann nicht mehr in die Zellen gelangen und es zeigen sich stark erhöhte Insulinwerte.
Durch Insulin wird überschüssige Glukose in die Speicherstätten im ganzen Körper verteilt. Das ist in erster Linie die Leber. Die Leber überführt die Glukose in Glykogen. Interessanterweise kann Fruktose nicht in Glykogen umgewandelt werden. Überschüssige Fruktose wird in Form von Fett überwiegend in der Leber eingelagert. So kann eine nicht alkoholische Fettleber entstehen.
Ist genügend Glykogenspeicher in der Leber vorhanden, werden Schilddrüsenhormone ausgeschüttet. Allerdings muss der Glykogenspeicher erst einmal gefüllt werden. Ein langsamer Verstoffwechsler wiederum verfügt kaum über Glykogenspeicher und kann diese nur schwer aufbauen. Schilddrüsenprobleme könnten die Folge sein.
Die nächste Speicherzelle für Glukose sind Muskeln. Sind beide Speicherzellen, also Leber und Muskeln voll, weil wir deutlich mehr Glukose aufnehmen als wir in Leber und Muskeln speichern können, wird die restliche Glukose in Fett umgewandelt und in unseren Fettzellen deponiert.
Ist der Glykogenspeicher leer, kann der Körper auch auf Fette und Eiweiße zurückgegriffen, um diese in Zucker umzuwandeln. Allerdings bedeutet das bereits Stress für den Körper. Es kann dann ein ständiges Hungergefühl nach Kohlenhydraten bestehen, um die Energieproduktion wieder sicherzustellen.
Idealerweise gleicht die Glukosekurve nach einer Mahlzeit einer gleichmäßigen Glockenform und erreicht wieder den Ausgangswert, wenn das Insulin die überschüssige Glukose auf die Speicherstätten verteilt hat.
Wird jedoch zu viel Insulin freigesetzt, wie etwas bei einer starken Glukosespitze, wird auch zu viel Glukose eingelagert. Der Blutzuckerspiegel bricht nun weiter ein und sinkt unter den Ausgangswert. Es kommt zu reaktivem Unterzucker, einer sog. reaktivem Hypoglykämie. Dies spüren wir in der Regel ganz deutlich durch die oben genannten Unterzuckerungssymptome wie Übelkeit, Schwindel, Zittern etc.
Gerade bei einem langsamen Stoffwechsel unterzuckert man sehr schnell nach Mahlzeiten aufgrund einer hohen Insulinausschüttung. Denn Kohlenhydrate können nicht wie vorgesehen in Energie und Wärme umgewandelt werden.
Kommt es zu einer Unterzuckerung, kommen unsere Stresshormone ins Spiel. Denn nun gilt es das Überleben zu sichern und so schnell wie möglich Energie bereitzustellen. Solange ausreichend Cortisol vorhanden ist, wird dieses vermehrt ausgeschüttet. Ist Cortisol bereits niedrig, weil wir uns schon sehr lange in einem dauerhaften Stressmodus befinden, kommt Adrenalin zum Zug, um den Blutzucker wieder zu erhöhen.
Ein stark schwankender Blutzuckerspiegel kann auch zu einem allgemeinen Entzündungszustand im Körper führen. Denn ein hoher Anstieg des Blutzuckerspiegels führt zu einem Anstieg der zellschädigenden freien Radikalen in den Zellen. So entsteht oxidativem Stress, was wiederum Entzündungsprozesse fördert.
Weniger Glukosespitzen reduzieren also Entzündungen im Körper. Außerdem halten Mahlzeiten, die eine niedrigere Glukosespitze auslösen, länger satt. Es wird weniger Insulin freigesetzt, so dass auch die anschließende Talfahrt nicht so stark ausfällt. Der Körper lernt nun nicht alle paar Stunden Snacks zu erwarten und fängt bei weniger Insulin im Blut an, zur Energiegewinnung auf die Fettreserven zuzugreifen.
Das zweite in der Bauchspeicheldrüse produzierte Hormon, kommt dann zum Zug: Glucagon. Glucagon wird im Gegensatz zum Insulin vor allem zwischen den Mahlzeiten gebildet. Es sorgt dafür, dass Glykogen in der Leber abgebaut und die Neubildung von Zucker angeregt wird.
Auch Zyklusstörungen bei Frauen können Folge eines instabilen Blutzuckerspiegels und insbesondere eines zu hohen Insulinspiegels sein. Denn stimmen die Insulinwerte nicht, ist unser Körper im Stressmodus und hat auch wenig Lust sich fortzupflanzen. Ein erhöhter Insulinspiegel steigert im Übrigen sowohl bei Männern als auch bei Frauen das Risiko einer Unfruchtbarkeit.
Generell kann Insulin die Androgenproduktion (Androgene sind die männlichen Sexualhormone, welche auch bei Frauen vorkommen) erhöhen. Denn Insulin weist die Eierstöcke an, mehr Testosteron zu produzieren. Zudem kann zu viel Insulin die natürlich Umwandlung von männlichen in weibliche Hormone stören. Dadurch kann es zu einem Ungleichgewicht an weiblichen und männlichen Hormone kommen, was wiederum PCOS auslösen kann. PCOS geht auch häufig mit einer Insulinresistenz einher. Eine Blutzuckerregulation unter Vermeidung von zu hohen Glukosespitzen kann daher auch bei der Regulation des weiblichen Zyklus oder bei Unfruchtbarkeit helfen.
Bei Männern können erhöhte Glukosewerte zu einer geringeren Samenqualität durch weniger lebensfähige Spermien und Erektionsstörungen führen.
Aber auch chronische Müdigkeit, Energielosigkeit und Schlafstörungen können Folgen eines stark schwankenden Blutzuckerspiegels sein. Bedenken wir, wie viel Stress unser Körper ausgesetzt ist, um den Blutzuckerspiegel ständig zu regulieren, macht dies durchaus Sinn.
Wollen wir also Stress aus unserem Körper bekommen, kämpfen mit Unterzuckerungssymptomen, Zyklusunregelmäßigkeiten, PCOS oder wollen abnehmen, sollten wir auf jeden Fall einen Blick auf unseren Blutzucker werfen, auch wenn wir nicht unter einer Blutzuckererkrankung wie Diabetes leiden.
Wie wir praktisch für einen stabileren Blutzucker sorgen können, beschreibe ich in einem eigenem Artikel.
Quellen:
https://flexikon.doccheck.com/de/Blutzucker
https://www.supznutrition.com/de/blutzucker-
https://www.gesundheit.gv.at/labor/laborwerte/organe-stoffwechsel/glucose.html
https://www.zuckerkrank.de/diabetes-typ-2/folgeerkrankungen
Jessie Inchauspé – Der Glukose-Trick, Schluss mit Heißhunger, schlechter Haut und Stimmungstief – Wie man der Achterbahn des Blutzuckerspiegels entkommt, 2022
Katia Trost – Wege aus der Hormonfalle, 2019
https://www.apotheken-umschau.de/diagnose/laborwerte/laborwerte-blutzucker-glukose-811757.html
https://www.aerzteblatt.de/archiv/183181/Schilddruese-und-Diabetes-Interaktion-wird-unterschaetzt