Die Nebennieren sind endokrine Drüsen, die sich oberhalb der Nieren befinden. Trotz ihrer relativ geringen Größe sind sie von entscheidender Bedeutung für die Regulation verschiedener physiologischer Prozesse im menschlichen Körper. Obwohl ihr Name auf eine Verbindung zu den Nieren hindeutet, haben sie nichts mit den Nieren gemeinsam. Ihre Funktion besteht aus der Produktion lebenswichtiger Hormone, die unser Überleben und unsere Anpassungsfähigkeit an Stresssituationen beeinflussen.
Die Nebennieren bestehen aus zwei Hauptteilen: der Nebennierenrinde und dem Nebennierenmark.
Die Nebennierenrinde ist die äußere Schicht der Drüse. Sie ist verantwortlich für die Produktion von Hormonen wie Cortisol, Aldosteron und Sexualhormonen, genauer gesagt Androgenen. Die Androgene umfassen Hormone wie Dehydroepiandrosteron (DHEA), Androstendion und Testosteron. Die von der Nebennierenrinde ausgeschütteten Hormone spielen eine entscheidende Rolle bei der Regulation des Stoffwechsels, der Elektrolytbalance und der Fortpflanzungsfunktionen.
Im Gegensatz dazu produziert das Nebennierenmark, die innere Schicht der Nebenniere, Katecholamine wie Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin. Diese Hormone sind bekannt für ihre Rolle bei der Stressreaktion und der Aktivierung des sogenannten „Kampf- oder Fluchtmodus“ des Körpers.
Die Nebennieren bestimmen über unsere Fähigkeit, mit Stress umzugehen. Sie sind die unsichtbaren Regulatoren des Stressantwortsystems, indem sie auf Stressoren reagieren und den Körper darauf vorbereiten, angemessen zu reagieren. Dies geschieht durch die Freisetzung der Katecholamine. Adrenalin und Noradrenalin führen zu einer erhöhten Herzfrequenz (Tachykardie), einer Steigerung der Energieproduktion durch Freisetzung von Glukose aus den Energiespeichern des Körpers und einer verstärkten Durchblutung der Muskulatur, um den Muskeln die erforderliche Energie für die Reaktion auf den Stressor zu liefern. Wir verbrauchen also viel Energie.
Die Fähigkeit der Nebennieren, auf Stressoren zu reagieren und den Körper auf eine angemessene Reaktion vorzubereiten, ist entscheidend für unser Überleben. In Zeiten akuter Bedrohung können sie uns dazu befähigen, schnell zu handeln und uns vor potenziellen Gefahren zu schützen („Überlebensmodus“). Dabei ist wichtig zu verstehen, dass Stress nicht per se den Überlebensmodus auslöst. Wir haben eine gewisse Toleranzgrenze, in der wir Stress ohne weiteres tolerieren können. Denn genau dafür sind die Nebennieren ausgelegt – auf kurze Momente von Stress. Sie sind ein Stressorenfilter und lassen uns mit Stress umgehen, ohne, dass wir dadurch negative Auswirkungen haben.
Allerdings kann eine dauerhafte Überstimulation des Nebennieren-Hormonsystems durch chronischen Stress zu einer Vielzahl von Gesundheitsproblemen führen. Die individuelle Stresschwelle ist dann überschritten. Der Körper wechselt dauerhaft in den Überlebensmodus. Es kann zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Stoffwechselstörungen, Hormonstörungen und psychische Erkrankungen kommen. Denn der Körper priorisiert nun um. Funktionen, die nicht mehr überlebensnotwendig sind, müssen hinten anstehen.
Stress ist daher nicht nur eine psychische Belastung für uns, sondern auch eine physiologische. Denn je belasteter die Nebennieren durch chronischen Stress sind, desto mehr körperliche Symptome entwickeln wir.
Indem wir die Funktion der Nebennieren verstehen lernen und für ihr Wohlergehen sorgen, desto besser kann es uns gehen.
Das alles beginnt mit dem Bewusstsein für unsere Stressoren und der Reduktion von vermeidbaren Stressoren. So können wir nach und nach die Nebennieren entlasten. Je weniger Stress, desto mehr Ressourcen haben wir zur Verfügung und können vom Überlebensmodus in den Lebensmodus wechseln.
Katia Trost, Wege aus der Hormonfalle; mvg Verlag,
Katia Trost, Nebennierenschwäche, Verlag Komplett-Media GmbH, 1. Auflage 2021