Das Dramadreieck ist ein Konzept aus der Transaktionsanalyse, das 1968 vom kalifornischen Psychologen Stephen Karpman entwickelt wurde. Es beschreibt die dynamische Beziehungsstruktur zwischen drei Rollen: Verfolger, Retter und Opfer. Diese Rollen sind keine festen Charakterzüge, sondern situative Verhaltensmuster, die Menschen in Konfliktsituationen einnehmen. Das Verständnis dieser Rollen kann helfen, wiederkehrende Konflikte zu erkennen und zu durchbrechen.
Im Dramadreieck agieren die Beteiligten nach bestimmten Verhaltensmustern, die Karpman als „psychologische Spiele“ bezeichnet. Diese Spiele verlaufen oft nach einem vorhersehbaren Muster und tragen zur Eskalation von Konflikten bei. Jeder Beteiligte verstrickt sich in eine Rolle und die damit verbundenen Projektionen. Die Rollen sind dabei neutral und gleichberechtigt – es gibt kein besser oder schlechter.
Die Rolle des Verfolgers wird von der Person eingenommen, die kritisiert, Druck ausübt und das Opfer nötigt. Der Verfolger verwechselt oft verbale Gewalt mit Macht und tritt als Angreifer auf. Er verletzt, beschuldigt und greift an, weist zurecht und macht Vorwürfe. Ein Verfolger sieht sich oft eine Stufe höher als sein Umfeld und schaut auf dieses herab. Typische Aussagen eines Verfolgers könnten sein: „Nichts kannst du richtig machen.“
Der Retter mischt sich helfend in die Probleme und Konflikte anderer ein, oft ohne darum gebeten worden zu sein. Ein Retter verwechselt dabei retten mit helfen und fühlt sich durch seine ungebetene Hilfe dem Opfer überlegen. Die ungebetene Hilfe schwächt das Opfer weiter und der Retter sucht Bestätigung innerhalb seines Retterdaseins. Typische Aussagen eines Retters könnten sein: „Ich versuche nur, dir zu helfen.“
Das Opfer präsentiert sich als schwach und hilflos, versucht nicht, eigene Probleme zu lösen und trägt damit selbst zur eigenen Hilflosigkeit bei. Eigene Fähigkeiten und Möglichkeiten werden ausgeblendet und das Opfer macht sich kleiner, als es tatsächlich ist. Häufig übernimmt das Opfer keine Verantwortung für das eigene Handeln und lädt den Retter ein, ihm zu helfen. Typische Aussagen eines Opfers könnten sein: „Ich Armer.“
Die Rollen im Dramadreieck sind nicht statisch. Sie können sich schnell ändern, manchmal innerhalb kürzester Zeit. Je mehr Rollenwechsel stattfinden, desto größer wird das Drama. Jede Rolle bietet eine gewisse Sicherheit, weshalb Menschen dazu neigen, diese Verhaltensmuster zu wiederholen.
Um aus dem Dramadreieck auszusteigen, ist es wichtig, die eigenen Lieblingsrollen zu reflektieren und die Spiele sowie die Einladungen ins Dreieck zu erkennen. Dies kann von einem selbst oder von anderen ausgehen. Eine bewusste Auseinandersetzung mit den eigenen Gedanken und Verhaltensweisen hilft, diese Muster zu durchbrechen.
Das Verständnis des Dramadreiecks ermöglicht es uns, zwischenmenschliche Dramen besser zu verstehen und aus diesen auszusteigen. Indem wir die Dynamiken erkennen und Verantwortung für unsere Rollen übernehmen, können wir zu einem gesünderen und authentischeren Miteinander finden.
Dr. Stephen B. Karpman – Ein Leben ohne Spiele, 2016 Process Training and Consulting e.K.